Manche nennen sie Sprücheklopfer oder Wichtigtuer. Ich bevorzuge die Bezeichnung „Möchtegern“. Laut Duden ist ein Möchtegern „jemand, der sich gern aufspielt, gern mehr sein oder scheinen möchte, als er ist“. Von wem genau spreche ich? Ich denke dabei nicht an bestimmte Personen, sondern allgemein an Anbieter, die ihre Produkte und Lösungen als funktionsreicher und vorteilhafter für das Geschäft darstellen, als sie eigentlich sind. Die Möchtegerns jagen in der Regel einem Marktführer hinterher und versuchen, sich das Wertversprechen des Marktführers selbst anzueignen. Frei nach dem Motto „Durch Schein zum Sein“.
Im Nischenmarkt der Druckmanagement- und Outputmanagement-Software gibt es Anbieter, die ihre Lösung als „Enterprise Output Management“ bezeichnen. Sie nutzen aber offensichtlich eine vollkommen andere Definition des Begriffs „Enterprise“, als mir in meinen mehr als 30 Jahren in der IT-Branche begegnet ist. Wann bildet eine Direct-IP-Drucklösung für Windows-Desktops eine Outputmanagement-Lösung der Enterprise-Klasse? Die Antwort lautet: wenn Sie in Ihrem Unternehmen ausschließlich Windows-Desktops verwenden. Und welche großen Unternehmen nutzen heute ausschließlich Windows als Rechnerplattform? (Hier sollten Sie jetzt Grillenzirpen hören.)
In Wahrheit verfügt die Mehrheit der modernen großen Unternehmen über deutlich komplexere, heterogene Rechnerumgebungen. So finden Sie beispielsweise in Unternehmen nicht selten die komplette Bandbreite an Plattformen und Anwendungen – von mobilen Geräten bis hin zu Mainframes. Und da der Schwerpunkt der Branche derzeit auf der Zukunft des „Internets der Dinge“ liegt, werden voraussichtlich noch weitere Rechnerplattformen hinzukommen. Wer also von „Enterprise-Lösungen“ spricht, sollte sein Netz etwas weiter auswerfen, zumindest meiner Meinung nach. Ich muss jedoch gestehen, dass ich ein wenig voreingenommen bin. Schließlich arbeite ich für einen Softwareanbieter, der über umfassende Erfahrungen in großen Unternehmensumgebungen verfügt. Diese Erfahrungen nahmen zu Beginn der 1980er-Jahre mit der IBM-Mainframe-Plattform ihren Anfang und erstrecken sich seitdem über fast alle neuen Rechnerplattformen.
Wenn Sie also Lösungen evaluieren, die ihren Umfang und Wert als „Enterprise“ bezeichnen, sollten Sie das Maßband zur Hand nehmen und prüfen, ob sie diesem großen Wort auch tatsächlich gerecht werden. Fragen Sie den Anbieter nach seinen mobilen Lösungen, sowohl für Geräte als auch für Mitarbeiter. Fragen Sie nach seinen Desktop-Lösungen, sowohl für herkömmliche als auch für virtuelle Desktops. Fragen Sie nach seiner Lösung für bestehende Rechnerplattformen und danach, wie er Sie bei der Modernisierung von Anwendungen unterstützen kann. Weiß er überhaupt, was ein IBM-Mainframe ist? Wie sieht es mit einem AS/400 oder seiner modernen Version aus? Wie steht es mit Linux und UNIX? Sprechen Sie anschließend all Ihre unterschiedlichen Anwendungen und Datenformate auf diesen Plattformen an, um einen genaueren Überblick für ein wahres Großunternehmen zu erhalten. Und schließlich gibt es da noch die Sicherheits- und Compliance-Anforderungen.
Alles nicht so einfach, oder? Aber Sie verstehen sicher, worauf ich hinaus will. Denken Sie an Ihr Unternehmen und stellen Sie die richtigen Fragen. Ordnen Sie die Fähigkeiten des Anbieters Ihren aktuellen und zukünftigen Geschäftsanforderungen zu. Oftmals ist es knifflig, die Vertriebsrhetorik eines Anbieters zu durchschauen. Halten Sie unbedingt nach dem „wahren Jakob“ Ausschau, nicht nach den Möchtegerns. Sicher können auch Sie schnell erkennen, wer wer ist.